Wohnung SS-Arzt : Dresden-A.49, Martin-Opitz-Str. 16, I

Im Wohnhaus "Martin-Opitz-Straße 16" lebte zwischen 1935 bis 1939 der Pathologe Prof. Dr. med. Erich Letterer (1895-1982). Er war Angehöriger der Allgemeinen-SS und als solcher SS-Arzt in Dresden.
Prof. Dr. med. Erich Letterer (C) Tobias-Bild, Univ. Tübingen
Erich Letterer wurde am 30.6.1895 in Nürnberg als Sohn eines Kaufmanns geboren. Seine väterliche Familie stammt aus Rothenburg ob der Tauber. Bis zum Herbst 1915 besuchte er die Volksschule und das humanistische Gymnasium in Nürnberg. Danach begann er zum Wintersemester 1915/16 in Freiburg i.Br. ein Studium der Medizin und Naturwissenschaften (vorwiegend Zoologie). Seit Mai 1917 war Erich Letterer in Würzburg wohnhaft. Am 14.2.1920 bestand er das medizinische Staatsexamen und am 14.12.1920 folgte die Promotion zum Dr. med. an der Universität Würzburg.  Dort arbeitete er 1920 auch als Medizinalpraktikant. Im Jahr 1921 folgte eine Assistenz am Pathologischen Institut der Universität Würzburg. Am 31.12.1921 erhielt Erich Letterer seine Approbation. Von 1922 bis 1935 arbeitete er weiterhin an der Universität Würzburg als Assistent, Prosektor sowie Privatdozent. Im Jahr 1926 erfolgte seine Habilitation. Von April bis Oktober 1931 verbrachte Erich Letterer einen Studienaufenthalt in England.
Die Wahl zum Direktor des Pathologischen Instituts und der Bakterologischen Untersuchungsanstalt am Stadtkrankenhaus Dresden-Friedrichstadt erfolgte im Jahr 1935. Im Jahr 1939 wurde Erich Letterer zum Ordinarius der Pathologie an die Universität Tübingen berufen. Dazu schreibt Uwe Dietrich Adam auf S.145 seines Buches "Hochschule und Nationalsozialismus : die Universität Tübingen im Dritten Reich", erschienen 1977 : "[...] Da der REM [Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung]  sich nicht für die Vorschläge der Fakultät einsetzen konnte oder wollte, wurde der von den nationalsozialistischen Dozenten gewünschte Erich Letterer berufen. [...]".
Seine Emeritierung erfolgte schließlich 1964 in Tübingen. Von 1965 bis 1971 wirkte Prof. Dr. med. Erich Letterer in Pamplona an der dortigen Universität. Im Jahr 1971 kehrte Erich Letterer nach Tübingen zurück, wo er am 26. Mai 1982 verstirbt. Seine Urne wurde in Rothenburg odT. beigesetzt.

a) militärische Laufbahn:
Während des 1.Weltkrieges wurde Erich Letterer am 1.6.1917 zum Garnison-Bataillon III/5 in Nürnberg eingezogen. Er wurde militärdienstlich am Pathologisch-Anatomischen Institut der Universität Würzburg als Hilfsarzt eingesetzt. Am 5.12.1918 erfolgte eine Beförderung zum Feldunterarzt und am 15.4.1919 seine Entlassung aus dem Reichsheer. 
Im direkten Anschluß, vom 16.4.1919 bis zum 31.5.1919, reihte sich Erich Letterer im Freikorps Epp in der 9. Kompanie des 1.bayerischen Schützenregiments ein. Danach folgten noch Aktivitäten im Wehrverband Reichsflagge, dem er vom Oktober 1923 bis zum 1.7.1931 angehörte. Hierauf folgten Mitgliedschaften im Stahlhelm (Ortsgruppe Würzburg) und der Sturmabteilung der NSDAP. (SA.), in der er 1934 den Dienstgrad eines SA.-Scharführers besaß.
Erich Letterer nennt das Jahr 1935 als Zeitpunkt, seit dem er Sanitätsoffizier der Wehrmacht war, was auf eine kurze militärische Ausbildung während seiner Dresdner Zeit schließen lässt.
Im 2.Weltkrieg wurde Prof. Dr. med. Erich Letterer seit dem 26.8.1939 als beratender Pathologe einer Armee kriegsverwendet. In dieser Funktion wurde er in Frankreich und in Rußland eingesetzt. Am 1.7.1943 wurde er zum Oberfeldarzt befördert. Zum Ende des Krieges wurde Erich Letterer als Wehrkreispathologe des Wehrkreis V verwendet.

b) politische Teilnahme:
In seinem Lebenslauf faßt Prof. Dr. med. Erich Letterer schätzungsweise 1943 seine politischen Aktivitäten folgendermaßen zusammen :
Auszug Lebenslauf Erich Letterer (Q:BArchB)
Eine NSDAP.-Mitgliedschaft und SS-Angehörigkeit werden von Erich Letterer selbst genannt. Einen weiteren Beleg für seine SS-Tätigkeit findet sich im SS-Aufnahmegesuch von Dr. med. Heinrich Eufinger aus dem Jahr 1937. Dieser benennt als untersuchenden SS-Arzt für sich und seine Frau den SS-Unterscharführer Erich Letterer :
Auszug RS-Akte Heinrich Eufinger, Mai 1937 (Q: NARA)
Zu diesem Zeitpunkt besaß Heinrich Eufinger, Direktor der Frauenklinik im städtischen Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt, den selben SS-Dienstgrad wie Erich Letterer, nämlich SS-Unterscharführer.
Am 13.7.1950 kommt es in Tübingen zu einem Spruchkammerverfahren, in dem Erich Letterer als Mitläufer eingestuft wird. Ein vorheriges Urteil, was ihn entlastete, wurde aufgrund seiner SS-Angehörigkeit aufgehoben. In der Urteilsbegründung heißt es dazu u.a. : "[...] Nach seiner Berufung nach Dresden wurde er 1935 von der dortigen SS in den Sanitätsdienst angefordert. Er wurde dann als SS-Anwärter geführt. [...] Es ist auch glaubhaft, daß der Betroffene sich der Überschreibung von der SA in die SS bewußt nicht widersetzt hat, um eine rein beratende Funktion im Sanitätsdienst und als Beisitzer eines Erbgesundheitsgerichts einen mäßigenden Einfluß auf die Entscheidungen in Sterilisationsfragen ausüben zu können. [...]".