Amin al-Husaini (1895-1974), Mufti von Jerusalem, in Ostsachsen

Nach einer Erklärung des SS-Führers Dieter Wisliceny vom 26.7.1946 in Nürnberg bestand seit mindestens 1937 eine Beziehung zwischen Amin al-Husaini, Mufti von Jerusalem, und der SS-Organisation. Damals handelte es sich um eine nachrichtendienstliche Verbindung zum SD-Hauptamt, welches von Reinhard Heydrich geführt wurde. Als al-Husaini im November 1941 nach Deutschland kam, nahm er bald persönlichen Kontakt zum Reichsführer-SS Heinrich Himmler auf. Diese Bekanntschaft wurde im weiteren Verlauf des 2.Weltkrieges intensiviert.
al-Husaini und Heinrich Himmler, ca.1943 (Quelle: Bundesarchiv Berlin)
Aufgrund der zunehmenden Luftangriffe auf Berlin verließ al-Husaini ca. im Frühjahr 1943 seine dortigen Wohnräume und verzog in südöstlicher Richtung nach Zaue am Schwielochsee. Ungefähr im Sommer 1944 siedelte al-Husaini mit ca. 20 Personen (Arzt, Frauen, Kinder u.a.) weiter südlich in den Kurort Oybin über. 
Übersichtskarte Berlin-Zaue-Dresden-Oybin (Karte: google earth)
Dem arabischen Personenkreis um al-Husaini, Mufti von Jerusalem, gehörten wahrscheinlich folgende Personen an :
Safwat al-Husaini (Bauer, geb. 20.10.1900)
Salim al-Husaini (Journalist, geb. 16.11.1913)
Sad ad-Din Abd al-Latif (Waqf, geb. 9.4.1899)
Dr. Farhan Jandali (Augenarzt, geb. 3.4.1918) mit Frau und Kind
Dr. Zafir Hifni (Jurist, geb. 10.10.1908)
Dr. Maruf ad-Dawalibi (Jurist, geb. 15.12.1904) mit Frau und Kind
Ramzi al-Ajati (Ingenieur, geb. 1.10.1906)
Fauzi Mudarris (Bauer, geb. 10.5.1913)
Yusuf Rushdi (Journalist, geb. 15.7.1907)
Baha Taba (Kaufmann, geb. 21.5.1904)
Habib Hasan (Bewacher, geb. 15.3.1912)
Weiterhin ist noch der ägyptische Prinz Mansour Daud zu nennen, welcher sich bald zur Waffen-SS meldete. Der SS-Führer aus dem RSHA. Hans-Joachim Weise (geb. 23.1.1908) fungierte als Verbindungsführer und ständiger Begleiter von al-Husaini. Weiterhin ist der SS-Führer Karl Jauch (geb. 18.12.1893) zu erwähnen, welcher u.a. als Fahrer eingesetzt wurde. Für die Bewachung der Objekte in Oybin waren mehrere Sicherheitsbeamte tätig.
Amin al-Husaini und der mit ihm angereiste Personenkreis bewohnte folgende Gebäude:
- ehemaliges Genesungsheim als Wohnhaus: Kammstraße 4
- als Wohnhaus für sein Gefolge: Bergweg 16
- als Dienststelle: Haus "Charlotte", Freiligrath-Straße 63c
Übersichtskarte Gebäudenutzung in Oybin (Karte: google earth)
Am 27.7.1944  fand in Oybin ein Gespräch zwischen Prof. Dr. Gerhard von Mende als Vertreter des sogenannten Ostministeriums und Amin al Husaini statt. Als Gesprächsinhalt lassen sich folgende Punkte feststellen :
1. Förderung des Islam durch das Deutsche Reich,
2. Verstärkte Ausbildung von Imamen und Mullahs,
3. Vorschlag für die Gründung eines Muftiats im Gau Steiermark.
Von besonderen Interesse sind die Ausführungen zu den "Mullah-Schulen", welche von Prof. Dr. von Mende wie folgt zusammengefaßt wurden : "Der Großmufti schlägt vor, dass mit Rücksicht auf die geringe Zahl geeigneter Lehrer die Erziehung in einer Schule sowohl für die Zwecke der Wehrmacht wie für die Zwecke der Waffen-SS durchgeführt werden müsse. [...] Es bestehen zur Zeit für die Mullaausbildung ein Ausbildungskursus in Göttingen, gelegentliche Kurse der Wehrmacht bei der Turkarbeitsbrigade in Radom. In Vorbereitung befindet sich eine Mulla-Schule der SS von Dr. Olzscha in Dresden. Diese Einrichtungen wären zweckmässigerweise zusammenzufassen.". Das Ostministerium sollte dabei die Organisation und politische Führung übernehmen. Am 28.7.1944 weilte Prof. Dr. von Mende bereits wieder in Berlin und fertigte dort den oben zitierten Aktenvermerk an.
Am 20.10.1944 schreibt Amin al-Husaini an Gottlob Berger, Chef des SS-Hauptamtes, bezüglich der gemeinsamen Unterbringung der in Deutschland befindlichen Krimmuslime in einem Lager:
Schreiben des Mufti an Gottlob Berger (Quelle: NARA)
Dieses Schreiben wurde mit der Bitte um Stellungnahme an den SS-Führer Dr. Reiner Olzscha weitergeleitet. Dr. Olzscha war u.a. mit dem Aufbau der "Mullah-Schule" in Dresden beauftragt. An der Eröffnungsfeier der Schule am 26.11.1944 nahm Amin al-Husaini  teil. Das Dresdner Hotel "Bellevue" diente dabei al-Husaini als Unterkunft für sich und seine Gäste.
Im März 1945 verließ al-Husaini und sein Umfeld Oybin in Richtung Süddeutschland nach Bad Gastein. Der dafür verwendete Mercedes-Pkw wurde noch vorher in einer Zittauer Kfz-Werkstatt umgerüstet.
Schreiben Dienststelle Botschafter Prüfer (Quelle: NARA)
Anmerkung : Die obigen Aussagen beruhen im Wesentlichen auf den Forschungsergebnissen von Wolfgang G. Schwanitz. Seine Veröffentlichungen und konkreten Hinweise bilden die Grundlage für die hier erstellten Notizen.