SS-Standort Leisnig (1934-1937)

Auf der SS-Übersichtskarte Nr.3 vom 1.6.1934 sind 7 SS-Schulen im Deutschen Reich verzeichnet. Neben den Orten Bad Tölz in Oberbayern, Fürth in Mittelfranken, Reutlingen in Württemberg, Corbach in Nordhessen, Cosel in Oberschlesien und Mihla in Thüringen wird Leisnig in Mittelsachsen als Standort einer SS-Schule genannt (siehe Kartenausschnitt). Die Leisniger SS-Schule befand sich im Gebiet des damaligen SS-Oberabschnitt Mitte bzw. SS-Abschnitt II. Die SA-Schulen bzw. die SS-Schulen unterstanden der Dienststelle "Chef des Ausbildungswesen der SA.", (kurz: Chef AW.). Sie dienten der militärischen und wehrsportlichen Ausbildung der SA-und SS-Angehörigen. Demnach wurden diese Einrichtungen auch als Sportschulen bezeichnet.

Ausschnitt SS-Übersichtskarte Nr.3 (Stand : 1.6.1934)
Die Eröffnung der Leisniger SS-Sportschule fand am 1. April 1934 statt. Untergebracht wurde sie in der ehemaligen Schuhfabrik Zehl zwischen Adolf-Hitler-Platz und Albertstraße (später: Straße der SS) im südlichen Stadtbereich. Nach einjährigem Bestehen wurde die Schule geschlossen.
Ab März 1935 wurde der SS-Pioniersturmbann der neu gegründeten SS-Verfügungstruppe in Leisnig aufgestellt. Kaserniert wurden die SS-Pioniere in den Räumen der ehemaligen SS-Sportschule und in der ehemaligen Metallfabrik Heinrich Ahmels im Ortsteil Fischendorf direkt am östlichen Muldeufer, welche vorher bereits als "SA-Schule für Pioniersport" genutzt wurde.
Kommandeure des SS-Pioniersturmbann in Leisnig waren nacheinander Karl Demme und Karl Blumenberg.
Folgendes Foto zeigt die SS-Pioniere bei ihrem ersten Ausmarsch in Leisnig am 29.6.1935 :
Bildmitte Kommandeur Karl Demme (Q: PiKa Dresden)
Die o.g. ehemaligen Fabrikgebäude wurden jeweils durch die Stadt Leisnig vom Privateigentümer angemietet sowie an die Dienststelle "Chef des Ausbildungswesen der SA" weitervermietet. Die verantwortliche Person seitens der Stadt Leisnig war der damalige Bürgermeister Dr. Walter Gottschalk. Bemerkenswert ist die Straßenumbenennung der "Albertstraße" in "Straße der SS" im Bereich der ehemaligen Fabrik Zehl im Jahr 1937. Diese Straßenbezeichnung war im Deutschen Reich zwischen 1933 und 1945 relativ selten, bekannt ist z.B. ein solcher Straßenname im Bereich des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau. Der folgende Kartenausschnitt zeigt die Lage der verschiedenen Unterkünfte :
Ausschnitt Stadtplan Leisnig (Stand  ca. 1937)
Somit befanden sich in einen Zeitraum von 3 Jahren (1934-37) zwei SS-Dienststellen in Leisnig. Zum Jahreswechsel 1936/37 werden es schätzungsweise 600 SS-Angehörige gewesen sein, welche in Leisnig kaserniert waren.
SS-Pioniere auf dem Leisniger Marktplatz, 1935/36 (Q: PiKa Dresden)
Die SS-Einheiten nutzten im Rahmen der militärischen Ausbildung den Schießstand am Eichberg im Forstamt Seidewitz. Besichtigt wurden sie während ihrer Zeit in Leisnig u.a. von NSDAP.-Gauleiter Martin Mutschmann sowie den SS-Führern Paul Hausser und August Heißmeyer. Zu Anlässen wie staatliche Feiertage bzw. An-und Abfahrten zu den Reichsparteitagen 1935 bzw. 1936 werden Aufmärsche des SS.-Pioniersturmbannes in der Leisniger Innenstadt stattgefunden haben, was auch das nächste Foto belegt :
Aufmarsch Hindenburgstr./Adolf-Hitler-Platz 1935/36 (Q: PiKa Dresden)
Dieser Vorbeimarsch wurde vom SS-Musikzug begleitet (rechter Bildrand). Parademarsch des SS.-Pioniersturmbannes war der "Revue-Marsch" von August Reckling (AM II, 258).
Obwohl außerhalb des Untersuchungsbereichs ist der SS-Standort Leisnig für die Geschichte der ostsächsischen SS von Bedeutung. Hier wurden SS-Angehörige aus Ostsachsen geschult und hier fand der SS-Pioniersturmbann seinen Anfang, welcher im April 1937 nach Dresden-Trachenberge umzog.